Folge Zweiundzwanzig: Madeleine Carruzzo
Sonntag, den 22.11.2020
Es brauchte ein wenig bis ich den Kontakt zu Madeleine Carruzzo fand, doch als ich von ihr zurückhörte, lud sie mich direkt zu sich nachhause ein, um das Interview aufzunehmen. Sie war, obwohl wir uns bis zu dem Zeitpunkt noch überhaupt nicht kannten, super herzlich und beantwortete mir geduldig alle meine Fragen.
Madeleine Carruzzo war vor 38 Jahren die erste Frau bei den Berliner Philharmonikern. Damit schrieb sie Geschichte. Doch nicht nur das, in ihren vielen Jahren als Geigerin, erlebte sie so einige spannende Dinge und berichtete mir zum Beispiel von dem ersten Konzert, nachdem die Berliner Mauer gefallen war, wo Tausende Menschen aus dem Osten umsonst ins Konzerthaus durften. Außerdem erzählte sie mir von den vielen Auftritten Übersee und ihren vielen Konzerten mit Herbert von Karajan.
Wir sprachen natürlich über ihren Weg zu den Berliner Philharmonikern und wie sie die Liebe zur Geige entdeckte. Auch erzählte sie mir von der unmöglichen Absage, die ihr damals das Zürcher Kammerorchester gab: Sie wollten keine Frau in der ersten Reihe sitzen haben. Bis heute regt sie diese Ungerechtigkeit auf und sie kann nicht verstehen, wie sowas möglich war. Heute sei dies zum Glück nicht mehr legal tragbar.
Ich fragte sie außerdem, ob sie als Frau das Gefühl hatte, sich stärker durchsetzen zu müssen und ob sie schnell verunsichert wurde. Sie antwortete, dass es schon so sei, dass sie nicht hätte schlechter sein können als ihre männlichen Kollegen, allerdings hatte sie wohl schon immer einen großen Glauben in sich selbst und ließ vieles nicht an sie herankommen. Sie war einfach immer davon ausgegangen, dass sie alles mindestens genauso gut konnte, wie ihre Brüder oder später ihre Kollegen. Und vielleicht ist das genau die Einstellung, die man heute öfter braucht.